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Schon als Kind wollte ich immer eine Schildkröte haben. Ich habe diese Tiere bewundert. Einfach den Kopf einziehen, wenn einem die ganze Welt zu viel wird. Sich sicher fühlen, seine Ruhe haben.
Mir ist gerade auch alles zu viel. Wie immer wenn sich mein Rhythmus ändert. Momentan bringt der Übergang von der Klassenfahrt zur Schule wieder alles durcheinander. Ich habe ständig diesen Druck in mir. Ich möchte mich schneiden, doch gleichzeitig will ich nicht schon wieder versagen. Ich muss stark sein.
Seit dem Gespräch gestern mit meinem Freund, kann ich wieder weinen. Ich will nicht wieder in die Schule. Momentan ist mir einfach alles zu viel. Ich will meinen Kopf einziehen, wie die Schildkröten. Ich möchte einfach nur in meinem Bett bleiben. Sicher und geborgen.

Die Nähe bei meinem Freund gestern ging einfach mal wieder nicht. Das geht nicht, wenn man sich so ekelhaft fett und hässlich fühlt. Über eine halbe Stunde hat es gedauert, bis er aus mir herausgequetscht hatte, was los ist. Ich wollte es ihm die ganze Zeit sagen. Gedanklich wusste ich was sagen. Aber mein Mund war mal wieder wie verschlossen.  Die Worte wollten einfach nicht aus mir herauskommen…
Er will mir dann immer in die Augen schauen. Doch ich kann das nicht, wenn ich über solche Themen rede. Das ist mir alles zu peinlich. Ich weiß, ich rede zu wenig. Es fällt mir total schwer, Dinge über mich preis zu geben.
Mein Freund meinte gestern auch, ich sollte mehr mit ihm reden. Und dass er eigentlich fast nichts von mir weiß.
Ich weiß das. Aber etwas daran zu ändern fällt mir schwer. Die Klappe aufzumachen und meine Gefühle und Gedanken auszusprechen fällt mir schwer. Sehr schwer.
Und so hat es gestern wirklich über eine halbe Stunde gedauert, bis ich mich überwinden konnte, meinen Mund aufzumachen.
Doch mein Freund kann nicht verstehen, warum ich mich so hässlich fühle. Ich wäre hübscher als all die Freundinnen seiner Freunde. Blablabla.
„Manchmal glaube ich, dass dir mal irgendetwas schlimmes passiert ist“, meinte er gestern… „Weil du dich immer so hässlich fühlst. Und die Sache mit dem Essen“.
Doch außer normalen Hänseleien früher in der Schule war da nichts….
Er möchte wissen, ob ich eigentlich gerade noch Probleme habe mit dem Essen. Ich schaue ihn nicht an, sondern verstecke mein Gesicht wie ein kleines Kind. Er geht nicht näher darauf ein.
Er versucht mich davon zu überzeugen, dass ich hübsch sei. Er will wissen, wie ich gerne aussehen würde. Doch ich weiß es nicht. Anders. Einfach anders. So wie die anderen. Ich will ihm meine Makel nicht benennen. Ist mir alles zu peinlich…
Er meint, dass er meine Narben gar nicht mehr bemerkt. „Aber ich…“ Jeden Tag…

Ich war schon immer schüchtern, zurückhaltend und scheu gegenüber anderen Menschen. Besonders gegenüber fremden Menschen. Ich kann mich an eine Situation erinnern, als ich so etwa 4-7 Jahre alt war. Ich hatte eine Haarspange auf einem Parkplatz verloren. Vor mir war eine Frau die sie aufhob und mir entgegenstreckte. Sie fragte mich, ob die Spange mir gehören würde. Doch ich habe den Kopf geschüttelt… Dabei war es meine Lieblingshaarspange. Sie hatte ein weiches Herz aufgeklebt. Ich hätte sie so gerne wieder gehabt. Aber die Angst war irgendwie zu groß… VIelleicht war ich  auch einfach nur schüchtern, ich weiß es nicht.
In meiner letzten Schule wurde ich als „das Schweigen der Klasse“ bezeichnet. Ab der 6. Klasse bis einschließlich zu meinem Abbruch in der 11. Klasse habe ich mich nicht freiwillig im Unterricht gemeldet. Klar kannte ich oft die Antwort oder hätte theoretisch etwas zum Unterricht beitragen können. Aber praktisch war es mir nicht möglich. Es ging einfach nicht. Ich hatte Angst etwas falsches zu sagen. Angst, dass die anderen lachen oder blöd über mich denken und reden. Angst etwas von mir preis zu geben.
Heute in meiner Ausbildung hat sich das nur wenig verändert. Nur in Englisch habe ich mich anfangs gemeldet, als ich gemerkt habe, dass ich da bessere Noten habe, als die anderen. Aber seitdem ich wieder eine Mitschülerin in der Klasse habe, die blöd über mich redet und sowieso (außer in der Praxis) alles besser kann als ich, bin ich wieder in das Schweigen gefallen…
Ich muss schriftlich bessere Noten schreiben als die anderen. Schließlich ziehen mich die mündlichen Noten immer hinunter. Von den Lehrern bekommt man immer nur gesagt, dass man sich mehr im Unterricht beteiligen soll. Doch wenn es nun mal nicht geht…
Im Kindergarten fällt mir das viel leichter mit den Kindern zu reden. Von meiner Praxislehrerin muss ich mir immer anhören, wie „anders“ sie mich dort empfindet. Als ein „völlig anderer Mensch“. Ebenso in meinen schriftlichen Arbeiten…
Immer wird mir überall gesagt, dass ich zu still bin. Auch von den Betreuern bei meinem letzten Praktikum, die jünger waren als ich. Sie hätten sich ein paar mal überlegt, mich darauf anzusprechen…
Vor Gruppen zu reden fällt mir schwer. Umso besser ich die Leute kenne, desto einfacher ist es aber für mich. Doch sobald eine neue Person dazukommt, die ich weniger gut kenne, oder die mich nicht leiden kann, so schweige ich wieder. Ich merke das nicht immer. Doch meine (mittlerweile) Freundin in meiner Klasse merkt es. Sie fragt mich dann immer ob alles ok wäre, weil ich so still wäre…
So auch neulich auf der Klassenfahrt. Manchmal ist mir der Kontakt mit Menschen einfach zu viel. Ich lebe in meiner eigenen Welt…
Mein Lehrer (im vorherigen Artikel bereits erwähnt) wollte neulich von den anderen wissen, ob ich eigentlich auch mal mehr aus mir herauskommen würde. Die anderen meinten nur lachend: „Sobald Sie das Zimmer verlassen!“ Und irgendwie haben sie Recht…